Eine Reise ins schöne Roussillon, genauer in die Naturistenanlage Aphrodite, hat uns schließlich ins benachbarte Oasis geführt. Wie es dazu kam – davon soll weiter unten berichtet werden. Zunächst möchte ich einmal mehr den Chambres et Tables d‘Hôte ein Kränzlein winden. In schöner Landschaft (Département Isère) konnten wir im Maison de Joanny übernachten:
Das hervorragende Abendessen wurde in einer großen Tafelrunde serviert, zusammen mit weiteren Gästen und den Gastgebern. Wirklich wie eine Einladung zuhause, aber mit Überraschungsgästen. Das Maison de Joanny gehört zwar vergleichsweise zu den teureren Chambres d‘Hôte, ist aber unbedingt empfehlenswert. Ein Ruhepunkt vor einer Reise an einem Samstag, der wie immer in Frankreich zur Ferienzeit mit viel Verkehr verbunden ist, ist viel wert. Wir haben uns statt der Hauptstrecken ausschließlich kleinere Nebenstraßen ausgesucht- mit viel Berg- und Talfahrt…
Hin und wieder muss man Glück haben
Nachdem wir auf unserer Strecke nahezu keinen Pass ausgelassen haben, kamen wir schließlich ziemlich müde in der Ferienanlage „Aphrodite Village“ an. Welches Erstaunen, dass man uns in der Rezeption sagte, wir sollten doch in die Rezeption des Oasis gehen – die Unterlagen befänden sich dort. Kurzum, unsere im „Aphrodite Village“ gemietete Wohnung war doppelt vergeben worden, weshalb man uns ins Oasis verlegt hatte. Zum Glück gab man uns eine Wohnung direkt am Meer, das Appartement S2.

Die Unterschiede zwischen den beiden Anlagen Oasis und Aphrodite Village sind uns schon bei unserem letzten Aufenthalt im Jahre 2006 aufgefallen, aber wir hätten nicht erwartet, dass sie so entscheidend sind. Zur Einführung kurz ein Abriß über die Einteilung der zu Port Leucate gehörigen „Villages Naturistes“. Im Jahre 1976 wurde das Naturistendorf „Aphrodite Village“ gebaut, welches nach und nach um Einheiten im gleichen Baustil (Häuser mit Parterre und erster Etage) erweitert wurde. Kurz darauf entstand die Anlage „Oasis“, mit größeren und höheren Häusern, Parterre und 2 Obergeschoße. Das einzige Ladenzentrum, zusammen mit zwei Restaurants, befindet sich nach wie vor nur im Aphrodite Village. Wer keinen Transponder zur Betätigung der Aphrodite-Tore besitzt, muss den Weg entlang dem Strand wählen. Trotzdem sind die Distanzen sehr klein. Unser Weg zum täglichen Einkauf bestand pro Strecke vier Minuten zu Fuß, direkt am Strand entlang. Einen so schönen Weg zum Einkauf sollte man immer haben können…
Weitere „Villages“ – „Oasis 2“ und „Les maisons de la jetée“ machen sich das Ladenzentrum von „Aphrodite Village“ zunutze. Die Anlagen „Ulysse“, von weitem unübersehbar als hochhausartiger Appartement-Komplex, sowie das „Eden“ sind vermutlich zu weit abgelegen für diese Läden. Jene Bewohner werden vermutlich auf die Läden in Leucate Village zurückgreifen, erreichbar entweder mit dem Auto oder mit dem Bus „Ma Navette“, welcher die Anlagen von La Franqui bis Les Barcarès verbindet.
Zurück zu unserer Überraschung. Das „Oasis“ ist mit Ausnahme der Häuser direkt am Strand rund um einen ringförmigen Boulevard gebaut. Das eigentliche Zentrum wird durch ein Kinderschwimmbecken und einer Bar / Disco namens „La Palmeraie“ gebildet. Die abendliche Geräuschbelastung kann man sich vorstellen. Während der Hauptsaison pflegen die Kinder und Jugendlichen (natürlich ausnahmslos alle angezogen) sich mit Kickboards auf den holperigen Boulevards zu vergnügen. Erst ab Mitternacht ebbt die Geräuschkulisse ab, was unseren Schlaf durchaus zu fördern imstande war…
Eigentlich – so steht es in den Regeln beider Anlagen Oasis und Aphrodite geschrieben – wäre zwischen 22:00 und 08:00 Uhr absolute Ruhe angesagt. Aber weder im „La Palmeraie“ noch in der Strandbar „Jean-Bar“ im Aphrodite wußte man etwas von dieser Regelung.
So konnten wir von Glück reden, dass unsere Bleibe nicht an einem der Boulevards war, sondern direkt am Meer. Wir wurden nur von der nächtlichen Discomusik der Jean-Bar beschallt. Bemerkenswerterweise ist die Jean-Bar nach hinten, in Richtung der Aphrodite-Häuser, einigermaßen isoliert.
Zusammengefasst kann man sagen, dass der Altersdurchschnitt im Aphrodite um Einiges höher als im Oasis ist. Im Aphrodite sind zu nachschlafender Zeit keine jugendlichen Kickboard-Fahrer anzutreffen. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass die beiden englischen Paare, mit denen wir uns angefreundet haben, etwa in unserem Alter waren und im Aphrodite gewohnt haben.
Wie der Zufall es will: Irene hat auf dem Weg zum Einkaufen zwei Liegestühle entdeckt, die von einem Appartementbesitzer vors Haus gestellt wurden – angeschrieben „pour emporter“. Da sie auf der Sitzfläche etwas eingerissen waren, wurden sie verschenkt. Bei unseren Körpergewichten spielt dies aber keine Rolle. So haben wir sie mitgenommen. Nun gehören zum Oasis-Appartement S2 ab sofort auch zwei Liegestühle:

Wir haben die ursprünglichen Eigentümer tags darauf auf dem Bouleplatz kennengelernt – es war eines der Paare, mit welchen wir uns fortan im Boulespiel gemessen haben.
Schlabberhosen am und im Wasser…
Der allgemeine Trend zur Abkehr vom konsequenten Naturismus ist auch im Oasis zu beobachten. Der Umstand, dass Jugendliche und junge Erwachsene ausnahmslos entweder in Bikini oder in Schlabberhosen herumlaufen, war zu erwarten. Aber dass ältere Erwachsene ebenfalls auf Badekleidung zurückgreifen – bei 30°C und mehr, hat uns doch verwundert. Fast alle Leute haben sich für den Weg vom Appartement zum Strand und zurück Badekleider angezogen. Den Vogel abgeschossen haben allerdings Jugendliche, die mitsamt ihren Schlabberhosen und den daraus hervorlugenden Unterhosen ins Wasser gestiegen sind.
Eigentlich ist es uns egal, was Andere tun, solange wir uns weiterhin nackt auf dem Areal bewegen dürfen. Wir besuchen schließlich nicht eine Naturistenanlage, um Andere anzuschauen. Trotzdem macht mir der beobachtete Trend Sorgen, weil durch die seltsame Kleiderordnung eine heimliche Norm geschaffen wird, die letztendlich dazu führen kann, dass immer mehr Leute diesem neuen, scheinbar „angesagten“ Konsens folgen werden – was in letzter Konsequenz dazu führen könnte, dass wieder ein weiteres Nackt-Paradies verschwindet. Und dies ist unser einziges, aber zentrales Argument gegen das ansonsten hochgelobte „clothing optional“.
Zwei Sorten Wind
Leucate zählt zu den trockensten und windigsten Gegenden Frankreichs. Der am kräftigsten blasende Wind ist der abländige „Tramontane“, welcher bei Tiefdrucklagen über dem Meer von den Bergen herabweht. Wir haben den feuchten, und nicht ganz so heißen „Marin“ vorgezogen, welcher vom offenen Meer her bläst. In der Folge kann es durch die erhöhte Feuchtigkeit zu Gewittern kommen. Es ergab sich jedenfalls eine angenehme Abwechslung zwischen den verschiedenen Winden.
Es gibt sogar Wellen!
Dank den unterschiedlichen Winden und Wetterbedingungen kamen wir in den Genuß von richtigen Wellen, welche zeitweise fast so kräftig waren wie am Atlantik. Vielleicht sind wir zu sehr vom Atlantik geprägt, denn nur bei den kräftigen Wellen kommt bei uns das richtige Meergefühl auf.
Man sagt, dass man bei fortgeschrittenem Lebensalter dazu neigt, früher aufzustehen. Bei mir trifft diese Beobachtung zu. Aber die unmittelbare Nähe zum Meer hat mich für das frühe Aufstehen belohnt – so sieht das Meer kurz nach Sonnenaufgang aus:

Irene hatte jedenfalls nichts dagegen, jeden Morgen einen von mir sorgfältig hergestellten Cappuccino ans Bett serviert zu bekommen. Die Maschinerie dazu, inklusive der Kaffeebohnen, haben wir uns von zuhause mitgenommen:

Es gibt ein Board-Mantra aus dem Kaffee-Netz: „Du brauchst die richtige Bohne“. Und: „Du benötigst eine gute Mühle“. Es hat sich gezeigt, dass man mit diesen Komponenten (und einer vergleichsweise simplen Espressomaschine wie dieser Baby-Gaggia von 1986) einen guten Espresso herstellen kann. Das Wichtigste sind immer noch die Bohnen – die beziehen wir von handwerklich arbeitenden Kleinröstereien. Zwischen diesen Bohnen und den üblichen, im Supermarkt erhältlichen, liegen Welten. Deshalb kamen die Bohnen mit in der Urlaub…
Kulinarisches
Wenn wir schon beim Kaffee angelangt sind: Nun noch ein kleiner Exkurs zu den kulinarischen Möglichkeiten der Anlagen Oasis und Aphrodite. Wie in allen Urlaubsgebieten – und vor allem an der Küste – ist das Preis-Leistungsverhältnis in der Gastronomie ungünstig. man ist besser beraten, irgendwo im Hinterland, weitab der Touristenströme auswärts zu essen. Direkt im Urlaubsgebiet ist man mit Selberkochen besser bedient. Die angebotene Qualität in den Aphrodite-Läden ist bisweilen sehr gut. Der Supermarché „Mini-Casino“ bietet Artikel des täglichen Bedarfs an, und die Früchte und Gemüse sind in unterschiedlichem Zustand. Eine frischere Qualität findet man nebenan im Wein- und Gemüseladen, wo auch eingelegte Oliven und frische Sardellen angeboten werden. Ein paar Salate, Oliven, Sardellen, Balsamicoessig, Olivenöl, Salz und Pfeffer, und fertig ist das Hors-d‘Oeuvre!
Der Metzger gleich daneben bietet eine ganze Palette an Freilandgeflügel, Rind-, Kalb- und Schweinefleisch an. Die Fleischqualität ist höher als die im „Shopi“, ausserhalb des Areals in Leucate-Village. Das setzt die zugegebenermaßen geringfügig höheren Preise in eine andere Relation. Einen Vergleich mit Lidl kann ich nicht anbieten – werde dies auch nie können, weil der Slogan „Geiz ist geil“ für mich im Lebensmittelsektor nichts zu suchen hat. Eine anständig produzierte Ware kostet nunmal ihr Geld.
Die nähere Umgebung
Das zum Corbières maritimes gehörige Dorf Leucate besteht aus mehreren Teilen:
- Leucate-Village mit dem sonntags stattfindenden Wochenmarkt – das in der Hauptsaison restlos mit Fußgängern und Autos verstopfte Dorf am Hang.
- Leucate-Plage, welches außerhalb der Saison sehr ruhig ist. Ein Badeort im klassischen Sinn.
- La Franqui mit seinen heruntergekommenen Villen aus der Belle-Époque. Hier ist auch der Bahnhof von Leucate. Der im selben Ortsteil befindliche Reitstall „Desperado Ranch“ machte auf uns einen zweifelhaften Eindruck.
- Port Leucate, eine vom Massentourismus geprägte Feriensiedlung mit den üblichen Einrichtungen wie Schnellimbiss, Disco, Casino etc. Südlich an Port Leucate direkt anschließend befindet sich der Badeort Les Barcarès, welcher mit einem noch größeren Angebot an „Remmidemmi“ aufwartet.
Die Gegend ist geprägt vom Salzsee „Étang de Leucate ou de Salses“. Zwischen offenem Meer und dem See befindet sich eine teilweise sehr schmale Landzunge. Der See ist vor allem bei den Windsurfern beliebt. Eine weitere Attraktion, direkt neben den „villages naturistes“, ist die Austernzuchtanlage. Die Austernzucht ist direkt vom Strand der Anlage „Ulysse“ erreichbar.
Zusammenfassung
Unser diesjähriger Urlaub im „Oasis“ gehörte zu den schönsten Ferien, die wir bisher hatten. Das lag sicher auch am durchgängig schönen Wetter bei Temperaturen zwischen 25 und 33°C, aber vor allem, dass wir das Glück hatten, direkt am Meer wohnen zu dürfen. Für zukünftige Aufenthalte in diesen Anlagen haben wir uns vorgenommen, frühzeitig bei den Eigentümern ausgewählter Appartements (vozugsweise Aphrodite) vozusprechen. Wenn Oasis, dann nur in direkter Meerlage!
Eine ebenfalls interessante Variante: Buchung außerhalb der Hauptsaison. Neben günstigeren Miettarifen wird die reduzierte nächtliche Geräuschkulisse vermutlich der Hauptvorteil sein.
Das Reisebüro Oböna, bei dem wir unseren Aufenthalt gebucht haben, möchte ich ganz zum Schluß noch positiv erwähnen. Wir sind hervorragend beraten worden, was die Ausstattung des gemieteten Objekts betrifft. Dass das Appartement im Aphrodite doppelt vergeben worden ist, war auf einen Fehler vor Ort zurückzuführen. Wenn man nicht ein bestimmtes Objekt im Auge hat, oder die lokale Vermietungsagentur vor Ort nicht kennt, ist ein Reisebüro wie z.B. Oböna nach wie vor der passende Ansprechpartner.