Vor kurzem sind wir von unserem Urlaub in Euronat zurückgekehrt. Es folgt hier eine Schilderung unserer (sehr positiven!) Eindrücke, die natürlich unsere persönliche Sicht der Dinge beschreibt.Es ist vorauszuschicken, dass wir zum ersten Mal unseren Urlaub in Euronat verbracht haben, zuvor waren wir, so es ein Urlaub an der südfranzösischen Atlantikküste sein sollte, stets im „La Jenny“ in Le Porge, ca. 100km südlich von Euronat. Wenn ich richtig gezählt habe, waren wir zuvor neun Mal im La Jenny. Also sind wir eine Art „La Jenny“-addicts…
Es kann natürlich nicht ausbleiben, dass man die Anlagen miteinander vergleicht, obwohl es entscheidende Unterschiede zwischen beiden gibt.
Größe der Anlagen, Zweckbestimmung
Mit 335ha ist Euronat fast doppelt so groß wie das „La Jenny“ mit etwa 180ha. Euronat bietet Campern, Wohnmobilen, Wohnwagen und Chaletbewohnern gleichermassen eine schöne Unterkunft, wohingegen das „La Jenny“ nur Chalets anbietet, davon jedoch eine sehr breite Palette an Komfort- bis Luxusstufen. Die schiere Größe des Euronat macht die Anmietung von Fahrrädern nötig. Je nach gemietetem Chalet ist auch schon ein Fahrrad dabei – so wie z.B. in unserem Chalet. Allerdings musste ich es zuvor reparieren und die Reifen aufpumpen, danach lief es prima. Die bei Jeuronat gemieten Fahrräder sind extrem teuer. Es gibt leider auch Zeitgenossen, die auf die ökologische und ökonomische Fortbewegung mittels Fuß oder Fahrrad verzichten, und tagtäglich mit dem Auto(!) an den Strand und zum Einkaufen fahren.
Die Anlagen sind der Übersichtlichkeit halber aufgeteilt. Das „La Jenny“ teilt sich in die Südhälfte mit den einfacheren Unterkünften und in die Nordhälfte mit den Luxusvillen und dem Golfplatz. Überflüssig zu erwähnen, dass wir die Südhälfte vorziehen. Das Euronat bestehr aus etwas mehr Teilen, welche nach den Erdteilen benannt sind: Ozeanien, Asien, Europa, Südamerika, Afrika, Nordamerika. Daneben das Campingareal, jenes für Wohnwagen, und für Wohnmobile.
Der Strand
Der Sandstrand, welcher zu den jeweiligen Anlagen gehört, ist immens lang – man kann auf beiden Stränden kilometerweit nackt dem Meer entlang spazieren. Euronat’s Strand ist ein wenig schmaler – natürlich je nach Tide schmal bis mittelmässig breit, und gesäumt von einer unter den Dünen begrabenen Straße, was zu einer Art Abbruchkante vor dem Sand führt, welche nicht gerade schön anzusehen ist. Ebenfalls nicht schön anzuschauen sind die vielen halbverrotteten Bunker mitten im Sandstrand, welche zu Hitler’s Atlantikwall gehörten. Mehr Information gibt’s auch hier. Eine Spezialität des Euronat ist das Vorkommen eines grau-grünen Schlamms. Im Sand sind überall solche Brocken verteilt. Unser Forumsmitglied leucatien hat sich und seiner Frau eine solche kostenlose Schlammpackung gegönnt, wie man hier sehen kann. Trotz des lustigen Schlammerlebnisses geht der Punkt für einen schönen Strand klar an das „La Jenny“.
Infrastruktur
„La Jenny“ hat als Zentrum der Anlage einen schönen Poolbereich, der für jeden Geschmack und jede Schwimmfähigkeit etwas bietet. Rund um den Pool ist eine Sonnenterrasse, welche am Abend auch als Zuschauertribüne für die Darbietungen dient. Am Pool sind zwei Restaurants mit Bar angegliedert. Hinter diesem Zentrum befindet sich die eher bescheidene „Einkaufsmeile“ mit Lebensmittelladen, Boutiquen, Coiffeur, und dreimal pro Woche einem Fischstand.
Das Euronat hat keinen eigentlichen Pool, als Ersatz dient allenfalls die Schwimmhalle mit angegliedertem kleinen Außenpool für die Kinder. Der Eintritt in diese Halle ist kostenplichtig, sofern man nicht bei Miramare gebucht hat, wo man einen kostenlosen Eintritt für die Dauer des Aufenthalts bekommt. Beide Anlagen haben auch eine Sauna, wobei die Sauna im Euronat Bestandteil des Thalassozentrums ist. Auch hier gibt Miramare pro Person einen Eintritt kostenlos.
Das eigentliche Herz des Euronat ist der Hauptplatz mit den Ladenfronten. Es gibt eine Vielzahl an Läden mit einem hervorragenden Angebot. Eine Aufzählung würde hier zu weit führen – einen Überblick vermittelt Peter Rieger auf seiner Euronat-Webseite. Was die Freundlichkeit in den Läden anbetrifft, und die Qualität der angebotenen Waren: Dieser Punkt geht klar ans Euronat! Und der Punkt für die Poolanlage gehört erwartungsgemäß dem „La Jenny“.
Leider befinden sich im Euronat ein paar sehr ungepflegte Stellen. Dazu gehören völlig verlotterte Tennisplätze, welche nicht mehr in Betrieb sind, aber auch ein völlig verschlammter Tümpel zwischen der Schwimmhalle und dem Thalassozentrum. Ein klarer Minuspunkt fürs Euronat.
Unterkunft im Chalet
Beide Anlagen bieten Chalets für jeden Geschmack an. Die Unterkünfte im „La Jenny“ sind, gemessen an dem gebotenen Komfort, um Einiges teurer. So zahlt man für die Minimalunterkunft „Tourterelle“ im „La Jenny“ etwas mehr als für ein Chalet „Périgord A“ im Euronat, erhält dafür aber eine absolut spartanische Einrichtung. Wo man im Euronat einen echten Glaskeramik-Kochherd mit Backofen hat, kriegt man im „Tourterelle“ gerade mal ein Réchaud mit zwei kleinen Massekochplatten. Die Chalets im „La Jenny“ sind mehrheitlich im Besitz der Anlage, und jene im Euronat vorwiegend in Privatbesitz.
Animation, Personal und Sportangebot
Das Euronat wie das „La Jenny“ bieten Animation in unterschiedlicher Ausprägung an. Im Euronat gibt es tagsüber vielerlei kunsthandwerkliche Tätigkeiten, wie z.B. Zeichnen, Musizieren, Töpfern, etc., und abends gibt es ab und zu Musikdarbietungen in dem Geschäftszentrum.
Das „La Jenny“ legt den Schwerpunkt tagsüber mehr auf Sport (Golf, Tennis, Bogenschießen etc.) und jeden Abend werden Animationen am Pool angeboten. Alle zwei Wochen wird mit den Kindern, die in den entsprechenden Clubs organisiert sind, ein Musical zusammen mit dem Animationsteam choreographisch einstudiert. Und Freitag abends wird das Musical mit Playback-Musik am Pool aufgeführt.
Jeden Sonntag wird am Pool mittags das gesamte Animationsteam vorgestellt, wo sich die Neuankömmlinge anschließend bei den Animatoren für das gewünschte Programm einschreiben können. Der Punkt für die Animation gehört dem „La Jenny“.
Das Angebot an Sport ist auf beiden Anlagen reichhaltig. Neben Tennis, Bogenschießen etc. bietet das „La Jenny“ (kostenpflichtig) zusätzlich Golf mit 9 Löchern an. Beide Anlagen haben einen Bouleplatz, wobei das Euronat einen viel größeren und besser gelegenen Platz hat. Der Boule-Punkt geht ans Euronat!
Community
Mit dem „neudeutschen“ Wort Community bezeichne ich die Selbstorganisation der Besucher und Hausbesitzer. Die ist im Euronat äußerst aktiv und kreativ, beschäftigen sich doch gleich mehrere Webseiten mit dieser Urlaubsanlage. Es fällt auf, dass diese Seiten mehrheitlich von Deutschen betrieben wird, was kein Nachteil sein muss, ist doch die Mehrheit der Euronat-Kundschaft aus Deutschland. Auch der WLAN-Zugang in verschieden Dörfern (villages) wird durch einen in Euronat ansässigen Deutschen, Wolfgang Kemper, angeboten.
Es gibt eigens ein Forum für die Freunde des La Jenny, wo Tipps und Ratschläge ausgetauscht werden können.
Im Gegensatz dazu gibt es für das „La Jenny“ einen Verein „Les Amis de la Jenny“, aber deren Webseite ist für Nichtmitglieder nicht einsehbar. Somit geht der Community-Punkt klar ans Euronat!
Die Nacktheit
Zu diesem Thema eine Vorbemerkung. Es wurde schon viel darüber diskutiert, ob angezogene Menschen einen Nackten stören können. Auf diese Frage will ich nicht näher eingehen. Ich selbst störe mich nicht an den Menschen, die ihre Blöße bedeckt haben. Ich störe mich jedoch sehr an der kollektiven Haltung, die zu dieser Bedeckung führt. Kurz gesagt, ich befürchte, dass durch diese Haltung die Paradiese im Sinne Adolf Kochs zerstört werden und zu Plätzen der Beliebigkeit („clothing optional“) umfunktioniert werden.
Noch in keiner naturistischen Anlage sind mir soviele angezogene Menschen aufgefallen wie in Euronat. Es scheint sich ein Konsens zu etablieren, der es den Besuchern verbietet, sich nackt von Ort zu Ort zu bewegen. Selbst an dem heißesten Tag (34°C) sind die Leute mit Bikinis, Shorts etc. an den Bouleplatz, an den Strand etc. gepilgert, um sich dann am Zielort (vielleicht) doch noch zu entblößen. Nach getanem Boulespiel, in der Sonne liegen etc. geht das Spiel in umgekehrter Richtung von neuem los – man zieht sich wieder an.
Selbst die Jugendlichen haben ihren Euronat-Konsens entwickelt: Außer zum Sonnen ist Nacktheit absolut „uncool“. So sitzen sie denn abends auf den Stangen im Geschäftszentrum, in Schlabberhosen, Schlabbershirts, Bikini etc. gewandet und feixen die alten Kerle wie mich an, die die Nacktheit von Anreise bis Abfahrt genießen. Ich grüße natürlich freundlich zurück, und enttäusche die Erwartung der Jungen, welche mindestens meine Konsternation antizipieren…
Dagegen nimmt sich die Direktive des „La Jenny“ direkt harmlos aus: man möge sich auf dem Weg zum Strand „minimal bekleiden“. Dies deshalb, weil der Weg von der Anlage zum Strand über einen öffentlichen Weg führt. Ich brauche wohl nicht betonen, wie unsäglich ich diese Direktive finde…
Auf der positiven Seite beim „La Jenny“ ist zu bemerken, dass sämtliche Animateure und Animateurinnen nackt sind, ganz im Gegensatz zum Euronat, wo offenbar von ihnen Bekleidung erwartet wird.
Was die Akzeptanz der Nacktheit, und die Erhaltung eines Paradieses betrifft: Einen Pluspunkt fürs „La Jenny“, zwei Minuspunkte fürs Euronat.
Was bleibt?
Beide Anlagen haben ihre Meriten, beide Anlagen haben ihre Nachteile. Im Rückblick kann ich sagen, dass wir den jüngsten Urlaub im Euronat sehr genossen haben, und sicher wiederkommen werden. Aber, um die Worte meiner geliebten Gefährtin Irene zu zitieren: Das nächste Mal am Atlantik aber bitte wieder im „La Jenny“. Womit sie Recht haben könnte, auch mich zieht es im Moment eher wieder 100km weiter südlich…