Herbstzeit – Zeit der frischen Äpfel. Neulich bin ich duch eine Kolumne von Christian Seiler (Tamedia – Das Magazin) motiviert worden, einen gedeckten Apfelkuchen zu backen. Ich habe Christian Seilers Rezept ein wenig abgewandelt, indem ich auf den Zimt verzichte, dafür wahlweise die Apfelfüllung mit Calvados parfümiere. Die Mengen habe ich auf das Format eines Kleinhaushalts heruntergerechnet, in diesem Fall also halbiert. Anders als in Seilers Rezept dämpfe ich die Füllung, bevor sie in den Kuchen gegeben wird.
Zutaten Mürbeteig
300g Weißmehl
100g Puderzucker
½ EL Vanillezucker
Prise Salz
½ TL Backpulver
125g Butter
1 Ei zu 63g
1 EL Milch
etwas Butter zum Einfetten der Springform
Zutaten Apfelfüllung
5 mittelgroße säuerliche Äpfel
abgeriebene Zeste von ½ Zitrone
60g Zucker
60g helle Weinbeeren / Rosinen
½ EL Zitronensaft
1 EL Calvados (oder ½ TL Zimt)
Zubereitung
Alle trockenen Teigzutaten mischen, die Butter in kleinen Flöckchen darunterreiben. Mit dem Ei und der Milch einen Mürbeteig zusammenfügen. Den Teig mindestens ½ Std in den Kühlschrank stellen, ebenso die mit Butter eingefettete Springform (23cm Ø).
Den Backofen auf 190°C vorheizen. Die Äpfel schälen, vierteln, vom Kerngehäuse befreien und feib blättrig schneiden. Die restlichen Zutaten der Füllung mit den Apfelblättchen mischen. In dem Zitronensaft die Füllung dämpfen, bis die Apfelstückchen weich sind. Dann erst den Calvados hinzufügen. Stattdessen kann der Zimt vor dem Garen hinzugegeben werden.
Ein Fünftel des Teigs abnehmen, beiseite legen. Die restlichen 4 Fünftel halbieren: Eine Kugel zum Boden ausrollen, die andere als Deckel ausrollen. Den Boden auslegen, mit dem ersten Fünftel den Rand herstellen.
Die Füllung hineingeben, gut verteilen. Den Deckel aufsetzen und rundherum mit dem Rand gut verschließen. Bei 190°C Konvektion 40 bis 45 Minuten backen.
Zubereitung
Samen aus der halben Vanilleschote auskratzen und zur Butter hinzufügen, ebenso die geriebene Zitronenzeste. Zusammen mit dem Salz und dem Feinkristallzucker schaumig rühren.
Mehl, Mandelpulver und Backpulver gut vermengen. Davon einen EL in die schaumige Butter-Zuckermischung geben, damit die nun folgenden Eier besser emulgieren. Die Eier nacheinander ganz in die Mischung geben, und mit dem Rührwerk gut emulgieren. Mehl-Mandelmischung gründlich untermischen.
Diesen Teig in kleine Papierförmchen (14 Stück) abfüllen und bei 200°C (Konvektion) anbacken, dann bei 150°C fertigbacken, bis die Madeleines eine goldgelbe Farbe annehmen. Dauer ca. 25 Minuten.
Aus dem Saft der halben Zitrone und dem Puderzucker eine dünnflüssige Glasur herstellen und damit die noch warmen Madeleines überziehen.
Ein Rezept , das von den übrigen abweicht, indem es auf das Industrieprodukt „Ricotta“ verzichtet.
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Zutaten Teig
1 Ei (63g)
2 Teile Hartweizengrieß
1 Teil Weichweizenmehl
Salz
Zutaten Füllung
2 Zehen Knoblauch
1 Schalotte
500g frische Spinatblätter (350g gerüstet)
2 EL Olivenöl
Salz, Pfeffer, Muskatnuss
150g Bio-Magerquark
2-3 EL Paniermehl vom Bäcker
Zutaten Béchamel-Sauce
2 EL Bratbutter
2 EL Weizenmehl
500ml Milch
Salz, Pfeffer, Muskatnuss
100g frisch geriebenen Sbrinz oderBergkäse
40g frisch geriebenen Parmesan Reggiano zum Bestreuen
Zubereitung
Aus dem Ei, dem Grieß und dem Mehl mit Salz einen Nudelteig kneten. Min. 4 Std ruhen lassen, und dann Teigplatten herstellen (Nudelmaschine Atlas Wellness: Teigdicke Stufe 5). In 10 längliche Rechtecke schneiden.
Den Spinat verlesen (schlechte Blätter und Stängel entfernen), ihn ein kurz in kochendem Salzwasser blanchieren. In kaltem Wasser abschrecken, grob kleinschneiden, und in den zuvor im Öl angeschwitzten Schalotten- und Knoblauchwürfeln dämpfen. Erkalten lassen, mit dem Paniermehl und dem Quark mischen, kräftig mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen.
Die Füllung auf die Teigplatten verteilen, einrollen und in eine gebutterte Pyrex-Backform legen. Béchamelsauce herstellen, indem Mehl in der Bratbutter angeschwitzt wird. Mit Milch ablöschen und nach und nach die Milch hinzufügen. Salz, Pfeffer, Muskatnuss dazu und 5 Minuten köcheln lassen. 100g Sbrinz oder Bergkäse unterrühren. Sauce auf den Canelloni verteilen, und die 40g deriebenen Parmesan darüberstreuen.
Im Backofen bei 150°C Konvektion ca. 45-50 Minuten garen.
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Passende Begleitung: Rotwein, z.B. ein Montepulciano, sowie ein kleiner Tomatensalat.
Hier ein Rezept, zu dem ich von Sergio Muto (Restaurant La Fattoria in Stuttgart) inspiriert worden bin. Der SWR Marktcheck hat dessen Rezept veröffentlicht. Da ich unseren großen Mörser aus Stein vorwiegend für Chili-Paste verwende, habe ich stattdessen den Fleischwolf mit der feinen Scheibe für die Zerkleinerung eingesetzt. Das Resultat überzeugt trotzdem.
Zutaten
1 kleine Zehe Knoblauch
60g frischer Basilikum (aus eigenem Garten)
grobes Meersalz nach Bedarf
30g Pinienkerne
50g Parmigiano Reggiano, 24 Monate alt
30g Pecorino Romano, 8-10 Monate alt
50ml bestes italienisches Olivenöl
Zubereitung
Alle Zutaten grob zerkleinert durch den Fleischwolf drehen. Den so entstandenen Brei in einer Schüssel gründlich verrühren. Bei Bedarf noch etwas Olivenöl hinzugeben. Die obige Menge reicht für 4 Personen.
Zu servieren mit frisch gekochten Trofie, die man mit etwas Butter angerichtet hat. In Ermangelung von Trofie habe ich Casareccie (DeCecco No. 88) verwendet. Weiterer Parmesan und Pfeffer aus der Mühle nach Geschmack. Dazu passt ein italienischer Rotwein.
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Hinweis: Der Pesto oxidiert rasch, und nimmt dadurch eine bräunliche Farbe an. Man kann ihn bis zu einer Woche im Kühlschrank aufbewahren, jedoch ist er dann nicht mehr so leuchtend grün.
Eine traditionelle italienische Zutat gibt dem Gericht die typische Würze: Colatura di alici. Es handelt sich um die eingedickte Flüssigkeit. die bei der Reifung der Sardellen nach dem Einsalzen austritt. Elizabeth Minchilli beschreibt diesen Prozess in ihrem Blog und hat gleich ein Rezept dazu mit Video veröffentlicht. Kaffee-Netz-Mitglied „jazzadelic“ hat die Würze des Paniermehls optmiert und seine Version bebildert dargestellt.
Um die Zubereitung dieses Gerichts für mich selbst zu notieren, habe ich es in den folgenden Zeilen beschrieben.
Zutaten (für 2 Personen)
200g Spaghetti DeCecco No. 12 (sind etwas dicker als z.B. Barilla No. 5)
1 Zehe Knoblauch
2 EL Colatura di alici
50 ml bestes Olivenöl (kaltgepresst)
2 EL Paniermehl
1 TL Piment d’Espelette
1 TL getrockneter Oregano
gehackte glatte Petersilie (Prezzemolo)
etwas Zitronensaft
etwas Zitronen- oder Orangenzeste
Parmesan Reggiano
Zubereitung
Das Paniermehl zusammen mit dem Oregano, der Zitronen- oder Orangenzeste und dem Piment d’Espelette sanft anrösten.
In einer Schüssel die Colatura die alici mit der geriebenen Knoblauchzehe vermischen, und mit Hilfe eines Schneebesens das Olivenöl in eine Mayonnaise-artige Sauce einrühren. Mit dem Zitronensaft abschmecken.
200g Spaghetti kochen, das Kochwasser zurückbehalten. Die Spaghetti in die Schüssel mit der Colatura geben, zusammen mit einer Kelle Kochwasser rasch vermengen. Das geröstete, gewürzte Paniermehl und den gehackten Prezzemolo untermischen und bei Bedarf noch etwas Kochwasser hinzugeben. Bei Bedarf mit noch etwas Colatura korrigieren.
Im gut vorgewärmten Teller anrichten, mit frisch geriebenem Parmesan Reggiano bestreuen. Wer mag, kann seine Spaghetti mit etwas frischem Pfeffer aus der Mühle nachwürzen.
Als Getränk eignet sich z.B. ein Rotwein aus Puglia.
(zum Vergrößern auf das Bild klicken)(zum Vergrößern auf das Bild klicken)
Anmerkung
In Ermangelung von Colatura di alici habe ich etwas ausprobiert: Eine Mischung aus thailändischer Fischsauce (Nam Pla) und Sardellenpaste „Grand Cantabrico“ (gibt’s im Schweizer Coop) ist ebenso geeignet, wenn man die richtige Mischung trifft.
Das Brot einweichen, die Schalotten und den Knoblauch kleinschneiden, in Butter oder Schmalz anschwitzen. Das Brot ausdrücken. mit dem Hackfleisch und den übrigen Zutaten vermengen. Das Ei teilen, Eiweiss unter den Teig rühren. Mit Salz, Pfeffer und der Sardellenpaste würzen.
Den Blätterteig in 12 Rechtecke teilen, in jedes der Rechtecke etwas Fleischmasse geben. Eine Rolle formen, und mit dem offenen Ende nach unten auf ein Backpapier legen. Mit dem zurückbehaltenen Eigelb bestreichen.
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Bei mittlerer Hitze ca. 20-30 Minuten backen.
Wenn es einen Rest von der Fleischmasse gibt, kann er als Mini-Hackbraten in einer Pyrexform gebacken werden.
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Und so wird’s serviert:
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Ideal dazu: ein kleiner Tomatensalat mit frischen Basilikumblättern. Als Getränk eignet sich z.B. ein Faugères Rosé.
Food Waste, also die Entsorgung von nicht mehr benötigten Esswaren, ist ein enorm wichtiges Thema. Zitat aus Wikipedia zu diesem Thema:
Die Menge an Lebensmittelabfällen, die jährlich in den 28 Mitgliedstaaten der EU anfällt, wird in einer von der EU-Kommission veröffentlichten Untersuchung auf ca. 89 Millionen Tonnen, bis zu 50 % entlang der Lebensmittelversorgungskette, geschätzt. Dies entspricht 179 kg pro Kopf, mit großen Unterschieden zwischen den einzelnen EU-Ländern und den verschiedenen Branchen. Dabei ist die Verschwendung bei der landwirtschaftlichen Erzeugung oder der Rückwurf von Fängen ins Meer noch nicht eingerechnet. Für Deutschland wurden 81,6 kg/a Lebensmittelabfälle pro Person in Privathaushalten ermittelt. Nach der Studie vom März 2012 der Universität Stuttgart wäre davon 45 % vermeidbar und 18 % teilweise vermeidbar gewesen.
So ist es mir ein Anliegen, möglichst überhaupt keine Lebensmittel zu entsorgen, wenn sie noch in irgendeiner Weise verwertbar sind. Das gilt insbesondere für das Brot, welchem u.A. in der Bibel eine besondere Bedeutung zukommt. EIne gute Möglichkeit, altbackenes Brot in ein Dessert zu verwandeln, ist der englische Bread and Butter Pudding:
Das Brot in kleine Stücke schneiden, den Apfel ebenso. Zusammen mit den Rosinen in eine Auflaufform schichten. Butter, in Stückchen geschnitten, darauf verteilen. Für ein paar Minuten in den Backofen geben, damit die Butter schmilzt.
Inzwischen den Guß herstellen: Mit dem Pürierstab die Eier, Milch, Zitronenzeste und den Zucker verquirlen und über den Auflauf gießen.
Bei mittlerer Hitze ca. 30 Minuten backen, bei Bedarf mit Alufolie abdecken, wenn die oberste Schicht zu dunkel zu werden droht.
York – die historische Hauptstadt der nordenglischen Grafschaft Yorkshire – hat diesem Rezept Pate gestanden. Ich habe die York Buns in einem Kochbuch „Yorkshire Country Recipes“ aus dem Jahr 1988 gefunden. Nach der metrischen Umrechnung, leichter Anpassung auf unsere Verhältnisse und der Übersetzung stellt sich das Ergebnis wie folgt dar:
(zum Vergrößern auf das Bild klicken)
Zutaten
175g Butter
175g Feinkristallzucker
2 Eier zu 63g
¼ TL Salz
etwas Zitronenzeste
454g Weißmehl
11g Backpulver (die Menge für 500g Mehl)
Milch nach Bedarf (ca. 200ml)
100g helle Rosinen / Weinbeeren
100g gemischte kandierte Früchte, gehackt
Zubereitung
Die Butter mit dem Zucker, Salz und der Zitronenzeste in der Küchenmaschine schaumig rühren. Dann nacheinander die ganzen Eier mit dazugeben, warten, bis die Mischung perfekt emulgiert. Ein hinzugegebener EL Mehl erleichtert das Emulgieren .
Die Mehl-Backpulvermischung etappenweise hinzugeben, weiterrühren, abwechslungsweise portionsweise die Milch dazutun, sodass ein steifer Teig entsteht. Zuletzt die Rosinen und die kandierten Früchte unterrühren.
Mit einem Löffel oder mit Hilfe der Finger kleine, runde Häufchen auf einem Backpapier platzieren. Es gibt 2 Bleche mit je 11-12 Buns, also insgesamt 22 bis 24 Stück.
Bei 180°C Konvektion ca. 20 Minuten auf mittlerer Schiene backen, bis die Buns goldbraun sind.
Ein Rezept für eine Apfeltorte, die ein wenig reichhaltiger ist als der einfache Apfelkuchen aus Kriegszeiten, die aber dennoch leicht herzustellen ist. Das Rezept hat eine gewisse Verwandtschaft mit der Zürcher Pfarrhaustorte, weshalb ich es „Apfeltorte aus dem Pfarrhaus“ nenne.
(zum Vergrößern auf das Bild klicken)
Zutaten
125g Feinkristallzucker
2 Eier zu 63g
Prise Salz
1 TL Backpulver
80g weiche Butter
abgeriebene Zeste von ½ Zitrone
160g Weißmehl
etwas Butter zum Einfetten der Springform
3 große oder 4 kleinere Boskop-Äpfel
etwas Rohzucker zum Bestreuen
Zubereitung
125g Zucker mit der weichen Butter, der Zitronenzeste und der Prise Salz mittels Schneebesen und Handrührer emulgieren. Nacheinander zwei ganze Eier hineinmischen. Das geht am besten, indem man einen EL Mehl aus der abgewogenen Mehlmenge hinzugibt, sodass die Butter und das Ei sich nicht trennen, und eine glatte Emulsion bilden.
Backpulver und Mehl mischen, unter die Zucker-Butter-Eimasse mischen. In eine Springform mit 23cm Ø geben. Die Äpfel schälen, in vier Teile zerlegen und vom Kernhaus befreien. Die Viertel in dünne Scheiben geschnitten, jedoch „ganz“ im Kreis auf dem Teig verteilen, sodass sich das typische Muster ergibt (siehe Bild oben).
Mit dem Rohzucker überstreuen. Bei 200°C Konvektion 35 Minuten backen.
Es ist Ende Mai – und wir sind von einem schönen Urlaub zurückgekehrt. An einem Ort, der nicht ganz so offenkundig uns Naturisten ansprechen kann, obwohl diese Anlage unsere Bewegung im Namen trägt. Die Rede ist vom Village Naturiste Cap d’Agde…
Port Nature Village mit Blick zur Hafeneinfahrt (zum Vergrößern auf das Bild klicken)
Geschichte und Strukturen
Was in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts mit dem Campingplatz von René Oltra seinen Anfang nahm, wurde in den 70er Jahren durch die Stadt Agde um futuristische Bauten im südwestlich daran angrenzenden Areal ergänzt. Es sind im Wesentlichen drei große Überbauungen, welche diese Anlage prägen:
Héliopolis
Port Ambonne
Port Nature (Colline 1 bis 6)
Dazwischen resp. daneben liegen kleinere Dörfer, welche aus vorwiegend aus Bungalows resp. einstöckigen Häuschen gebildet werden — man nennt sie hier „Villas“. Die Dörfer heißen
Héliovillage
Port Nature Village
Port Soleil
Port Vénus
Zu den größeren Gebäuden zählen ebenfalls die Hotels, wie z.B. Hotel Eve, Oz’Inn, Natureva Spa etc.
Die Grundrisse der in den 70er Jahren entstandenen Apartments entsprachen den damaligen Bedürfnissen. Heute würde man sicher großzügigere Wohnflächen planen. Trotzdem sind einige Behausungen teilweise sehr luxuriös ausgestattet — man kann sagen, geradezu vollgepackt mit moderner Komforttechnik, wie z.B. große Kühlschränke, Klimaanlage, Induktionsherde, Stereoanlagen, Flachbildfernseher…
Gesellschaftliche Wandlung
Der sich in den vergangenen 45 Jahren veränderte Zeitgeist hat nicht nur im Ausbau der Wohnungen seine Spuren hinterlassen. Was damals, kurz nach dem gesellschaftlichen Aufbruch der 68er, überhaupt kein Aufhebens verursacht hat, wie z.B. ein freizügiger und unaufgeregter Umgang mit der eigenen Sexualität, hat sich heute zu einem großen, kommerziell orientierten „Jahrmarkt der Swinger“ gewandelt. Das Village Naturiste ist davon leider stark betroffen. Mark Haskell Smith, dessen Buch „Naked at Lunch“ ich hier schon einmal erwähnt habe, spricht von einem Stellungskrieg zwischen Naturisten und Swingern.
Wir sehen das um einiges entspannter. Wir Naturisten gehören leider zunehmend zu einer aussterbenden Spezies. Das bleibt für die klassischen Naturismus-Zentren nicht ohne Folgen: Läden und Restaurants auf dem Areal schließen, und viele Apartments und Stellplätze bleiben leer. Dies gilt nicht für die „Welthauptstadt der Nackten“, wie der Wikipedia-Artikel das Village Naturiste in Cap d’Agde bezeichnet. Es gibt viele Restaurants, 3 Supermärkte, 6 Bäckereien mit frischem, vor Ort hergestelltem Brot, 1 Obst- und Gemüseladen, 2 Fischläden, 3 Weinhandlungen, einige Kioske, und ein paar Kleiderläden (sic!)
Über Kleidung und zugehörige Regeln
In keinem dieser Restaurants und Geschäfte besteht Kleiderpflicht — man kann also den ganzen Tag in seinem Geburtstagskleid verbringen, so wie die englischen Naturisten die Nacktheit umschreiben (birthday suit). Dies steht in starkem Kontrast zu vielen typischen Naturistenanlagen, wie z.B. in der Anlage die neue zeit im schweizerischen Thielle, wo wir am Kiosk nicht bedient worden sind, weil wir es wagten, nackt an die Theke zu treten. Oder die streng nach Geschlechtern getrennten Sanitäranlagen in Valalta, mitsamt der Kleidungspflicht im zugehörigen Laden.
Stichwort Kleidung: Die erwähnten Kleiderläden im Village Naturiste bedienen einen speziellen Geschmack: Es handelt sich überwiegend um Reizwäsche, sexy Dressing und dergleichen. Dies ist der Swingerkundschaft geschuldet, ebenso wie die Geschäfte, die Sexspielzeug und Fetischware verkaufen. Wo wir früher, in den späten 70er Jahren, mit anderen Paaren einen netten, freizügigen Abend verbracht haben, im Geburtstagskleid natürlich, begibt man sich heutzutage offenbar in aufgebrezelter Montur in einen Swingerclub. Vielleicht sind wir auch nur zu alt, um dieses theatralische und kostspielige Beiwerk rund um die natürlichste Sache der Welt nachvollziehen zu können.
Mit diesem kurzen Abstecher möchte ich es bewenden lassen — das Village Naturiste bietet dermaßen schöne Gegenden, dass man sehr gut über die kommerziellen, doch fürs Überleben der Anlage notwendigen Umtriebe hinwegsehen kann. Um dem möglichen nächtlichen Lärm zu entgehen, sollte man das richtige Dorf auswählen. Unsere bevorzugte Gegend ist das das Village Port Nature, sowie das Héliovillage. Auch die Zeit, wann man seinen Urlaub hier verbringt, ist entscheidend. Mai und September sind ideal, auch im Juni herrscht noch nicht derselbe hektische Betrieb wie im Juli und August.
Der 2km lange, den Nackten vorbehaltene Strand ist nach unserem Eindruck einer der schönsten der französischen Mittelmeerküste. Der feine Sand und das langsam abfallende Ufer sind einzigartig.
Port Nature Village mit Blick zum Colline 3 (zum Vergrößern auf das Bild klicken)
Ein nettes Nebeneinander
Die Schauplätze (im wörtlichen Sinn) können sehr interessant und unterhaltsam sein. Zum Beispiel ein kühles Bier im Café „La Palmeraie“ oder im Café „La Pilouterie“ am Boulevard des Matelots, vorzugsweise am frühen Abend. Die aufgebrezelten Gestalten in ihren „sexy dresses“ flanieren vorbei, um gesehen zu werden.
Nach unserem Eindruck besteht freundliches Nebeneinander zwischen den Vergnügungssuchenden und den Nackten, zwischen den unzähligen Nachtclubs der Anlage und der Schönheit der Natur. Bestimmte Gegenden haben es zwar schon in die Google-Maps geschafft, muss man aber nicht unbedingt aufsuchen, wenn man den Schwanz-Konvent (™nK) der Sexsuchenden nicht sehen mag.
Wenn man das Village Naturiste aufsuchen will, muss sich also bewußt sein, dass man einige Dinge zu sehen bekommt, die nichts mit dem Menschenbild der INF zu tun haben. Nicht zuletzt wegen der sexuell aufgeladenen Atmosphäre und dem Angebot der Nachtklubs wurde im Jahre 2004 das Village Naturiste Cap d’Agde von der Mitgliedschaft im FFN ausgeschlossen.
Praktisches
Zum Schluss noch ein paar praktische Tipps. Wie bereits erwähnt, ist es in der Vor- und Nachsaison nicht nur ruhiger, sondern die Objekte sind auch sehr viel günstiger zu mieten. Einer der ganz großen Anbieter in Deutschland für Cap d’Agde ist Naturist.de. Dessen Mitarbeiter vor Ort, Fanny und Alexander Fischer, bieten auch ihre eigenen, sehr gepflegten Objekte unter dem Namen PortNature.com an.
Wir haben dieses Mal von der Familie Fischer die Villa 180 gemietet.
Es gibt eine weitere private Vermietung mit zwei Objekten im Héliovillage: Cap d’Agde-Naturiste.de. Elke Brönner vermietet in diesem Dorf zwei sehr gepflegte Apartments / Villas. Elke vermittelt auf ihrer Webseite eine riesige Zahl wertvoller Tipps für das Village Naturiste sowie für Ausflüge in das Umland von Agde.
Noch ein kulinarischer Tipp: Die Bäckerei im Port Nature Village, im Colline 1 direkt neben dem Vival Supermarkt, „La Mie d’Hélène“ bietet den ganzen Tag frische Backwaren aus eigenem Ofen – selbst hergestellt und vor Ort gebacken, also keine aufgebackenen Teiglinge! Die Brioches am Morgen sind unser Favorit.
Egal welche Vermietungsagentur, es lohnt sich, möglichst frühzeitig zu buchen, damit das gewünschte Objekt noch frei ist. Wer Fragen zu diesem Urlaubsziel hat, oder ergänzende Informationen beitragen will, ist herzlich eingeladen, dies zu tun: Entweder privat per Kontaktformular oder öffentlich über unser Forum nacktKULTUR. Im letzteren Fall ist eine vorgängige, formlose Anmeldung nötig.